Presse/News | EHL-Jahrespressekonferenz „Immobilienmarkt 2023“

EHL- Jahrespressekonferenz „Immobilienmarkt 2023“

Investment

Volumen und Preise unter Druck, aber langfristige Zinsen lassen leichte Erholung erwarten

  • Transaktionsvolumen 2022 um 10 Prozent auf rd. vier Mrd. Euro gesunken
  • Topobjekte schneiden aktuell deutlich besser ab als der Durchschnitt
  • In der 2. Jahreshälfte 2023 ist wieder mit steigender Transaktionstätigkeit zu rechnen

Der österreichische Immobilieninvestmentmarkt hat ein insgesamt schwieriges, aber durchaus zufriedenstellendes Jahr 2022 hinter sich gebracht. Das Transaktionsvolumen ging im Jahresvergleich zwar um rund 10 Prozent zurück, blieb aber mit knapp über vier Mrd. Euro deutlich über den zuletzt teils sehr pessimistischen Prognosen. Dabei entsprach das erste Halbjahr noch durchaus den zu Jahresbeginn 2022 recht optimistischen Erwartungen, nach einem markanten Einbruch ab Jahresmitte kam es im letzten Quartal wieder zu einer spürbaren Erholung, sodass mit einer Reihe mittelgroßer Transaktionen noch vor Jahresende einiges an Terrain aufgeholt werden konnte.

Das Preisniveau war leicht rückläufig, wobei sich die verschiedenen Teilmärkte recht unterschiedlich entwickelten. Im Topsegment blieben die Preise für Objekte mit guten Vermietungsperspektiven und vor allem voller ESG-Compliance nahezu unverändert. In nachgelagerten Qualitätssegmenten kam es zu Rückgängen um bis zu 15 Prozent.

„Der Markt hat steigende Rohstoffpreise, Konjunkturschwäche, Lieferkettenprobleme und auch noch den Beginn des Ukrainekonflikts gut bewältigt, aber die geänderte Zinspolitik und die in der Folge deutlich gestiegenen Finanzierungskosten haben sowohl das Transaktionsgeschehen als auch die Preise negativ beeinflusst“, erklärt Michael Ehlmaier, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Immobilien Gruppe. „Insbesondere für institutionelle Investoren hat sich die relative Attraktivität von Immobilienveranlagungen verschlechtert. Es ist viel Geld in andere Märkte und Segmente, vor allem festverzinsliche Wertpapiere im US-Dollar-Raum geflossen. Die hohe Inflation und die stark negativen Realzinsen, die beide eigentlich für Investitionen in Immobilien sprechen, finden in der aktuell stark von Sicherheitsüberlegungen geprägten Marktsituation noch nicht die gebotene Beachtung.“

Für 2023 sind die Experten der EHL aber wieder vorsichtig optimistisch. Insbesondere bei den für Investoren relevanten, langfristigen Zinsen stünden die Zeichen bereits wieder auf Entspannung: „Zwar liegen die SWAP-Sätze im 10-Jahresbereich mit aktuell rund 2,8 Prozent deutlich höher als vor einem Jahr, als sie sich noch unter der Ein-Prozent-Marke befanden, sind aber immerhin um fast einen ganzen Prozentpunkt niedriger als auf dem Höhepunkt der Entwicklung im Sommer 2022. Wenn sich diese Entwicklung verfestigt, wird das auch Immobilien wieder attraktiver machen“, erläutert Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Investment Consulting. Handlungsbedarf gebe es auf der Finanzierungsseite eher bei den überwiegend kurzfristig finanzierten Entwicklern: „Hier ist aufgrund der nicht klar zu definierenden Genehmigungs- und Bauzeit ein Umstieg auf langfristige Zinsbindungen schwierig. Gleichzeit ist Eigenkapital generell knapp.“

Aktuell gäbe es bereits wieder deutlich mehr Interesse an Investitionen als noch im Herbst 2022, doch lägen die Preisvorstellungen potenzieller Käufer und Verkäufer für Abschlüsse noch zu weit auseinander: „Erfahrungsgemäß dauert es rund ein halbes Jahr, bis sich ein neues Marktgleichgewicht bildet, daher erwarten wir ab etwa Jahresmitte wieder eine deutlich erhöhte Transaktionstätigkeit“, so Pöltl. Ein genereller weiterer Preisrückgang sei aber derzeit nicht zu erwarten: „Nach dem Zinsschock des Jahres 2022 folgt jetzt eine Phase der Differenzierung. Objekte in schwächeren Lagen, mit schwieriger Vermietungssituation oder größerem Handlungsbedarf im Hinblick auf die ESG-Ziele werden zu niedrigeren Preisen gehandelt werden. Bei Topobjekten, bei denen auch die Indexierung der Mieten durchgesetzt werden kann, wird der Inflationsschutz, den Immobilien klassisch bieten, wieder stärker Beachtung finden und für diese Objekte wird sich die Preisanpassung in Grenzen halten.“

Wohnen

Hohes Kostenbewusstsein, rückläufiges Angebot und weiterhin kaum Leerstände

  • Rückgang des Wohnungsangebots wird sich ab der
    2. Jahreshälfte 2023 deutlich verschärfen
  • Erschwerte Finanzierungen sorgen für Nachfrageverschiebung
    Richtung Miete
  • Heizsystem und Gesamtwohnkosten werden zu zentralen
    Themen in der Verwertung

Der Wiener Wohnungsmarkt hat 2022 einen markanten Wandel erlebt, der auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist: Eine hohe Zahl von Fertigstellungen von Projekten aus den Jahren 2019 bis 2021 sorgte mit ca. 19.000 für einen Rekordwert bei den neu auf den Markt kommenden Wohnungen. Gleichzeitig haben die dramatisch gestiegenen Energiepreise die Wohnkosten unabhängig vom Nettohauptmietzins nach oben getrieben. Die radikale Verschärfung der Finanzierungsregeln in Verbindung mit gestiegenen Finanzierungskosten hat zudem zu einer Verschiebung der Nachfrage von Eigentum zu Miete geführt. Andererseits wird von Anbieterseite wieder verstärkt auf den Einzelwohnungsabverkauf gesetzt, da institutionelle Anleger zurzeit zurückhaltender agieren.

Nichtsdestoweniger ist der Markt stabil und das zusätzliche Angebot wurde fast vollständig absorbiert: „Trotz des geänderten Umfelds sind Leerstände weiterhin kein großes Thema“, erklärt Karina Schunker, Geschäftsführerin der EHL Wohnen. „Zwar ist es selbstverständlich stark von der Lage und dem umliegenden Wohnungsangebot sowie von Größe der Projekte abhängig, wie rasch die Vollverwertung erreicht wird, jedoch sehen wir generell nach wie vor durchwegs starke Nachfrage. Mieter sind in den vergangenen Monaten wegen des noch vielfältigen Angebots zwar umzugsfreudiger geworden, aber die Nachvermietung freiwerdender Wohnungen erfolgt in der Regel rasch und problemlos.“

Im Laufe des heurigen Jahres erwartet Schunker erneut deutliche Marktverschiebungen. Bis Jahresmitte werden noch ausreichend Wohnungen auf den Markt kommen, doch ab der zweiten Jahreshälfte ist mit einem markanten Rückgang zu rechnen. „Zu diesem Zeitpunkt wird sich der deutliche Rückgang der Baugenehmigungen seit 2021 und der Baustopp der Entwickler auch bei den Fertigstellungszahlen bemerkbar machen. Das wird bereits heuer zu einem Rückgang der Bauleistung führen und 2024 wird daher mit voraussichtlich weniger als 11.000 Einheiten das niedrigste Niveau seit 2018 erreicht werden.“

Bereits jetzt haben sich außerdem die Entscheidungskriterien von Wohnungssuchenden deutlich geändert: „Früher spielten technische Fragen rund um das Thema Energie nur eine untergeordnete Rolle. Heute sind Energiekosten, welches Heizungssystem verwendet wird und wie ausfallssicher dieses ist, zentrale Themen bei den meisten Vermietungs- und Verkaufsgesprächen“, so Schunker. „Energieeffiziente Objekte mit einem hohen Anteil eigener Energieproduktion bringen für die Bewohner Kostenersparnisse und haben daher einen erheblichen Wettbewerbsvorteil.“

Relativ wenig Veränderung erwartet Schunker bei den Preisen: 2022 sind die Kaufpreise pro Quadratmeter im Durchschnitt um 8,2 Prozent gestiegen (Bandbreite von 7,0 und 9,5 Prozent je nach Lage, Wohnungsgröße und Ausstattung), für das erste Halbjahr 2023 prognostiziert sie aufgrund der aktuellen Zinspolitik keine Zuwächse, was sich ab dem zweiten Halbjahr, aufgrund der Angebotsverknappung, wieder anders darstellen könnte. Damit lag der Anstieg im Vorjahr unter der Inflationsrate und heuer werden sich die Preise großteils auf Vorjahresniveau einpendeln. Bei den Mieten rechnet Schunker nach einem moderaten Plus von durchschnittlich 6,8 Prozent im Jahr 2022 mit einem Anstieg um 6,0 bis 8,5 Prozent im heurigen Jahr, abhängig von der Lage, Wohnungsgröße und Ausstattung. Die weitere Entwicklung hänge wesentlich davon ab, ob der Wohnungsneubau in absehbarer Zeit wieder angekurbelt werden könne oder das Neuflächenangebot ab 2024 deutlich unter der Nachfrage liege.

Büro

Flächenproduktion sinkt deutlich und verschärft Mangel an Erstbezugsflächen

  • 2023 werden in Wien nur zwei Großprojekte fertiggestellt
  • Geänderte Wirtschaftslage und neue Arbeitsformen machen Standortwechsel für viele Unternehmen notwendig
  • Durchschnitts- und Spitzenmieten weisen steigende Tendenz auf

Der Büromarkt in Wien ist seit drei Jahren von der Zurückhaltung der Entwickler geprägt. Das Jahr 2022 war mit einer Flächenproduktion von 126.000 m² ein Ausreißer nach oben, dem 2023 bereits wieder ein drastischer Rückgang auf nur 42.500 m² folgt. Die Neuflächenproduktion von 2023 beschränkt sich im Wesentlichen auf das Neubauprojekt Vio Plaza (22.600 m2) in Meidling und das hochwertige Refurbishment Urban Garden im myhive am Wienerberg (ca. 15.000 m2).

Die Vermietungsleistung fiel 2022 erfreulicherweise durchaus positiv aus: Mit einer Vermietungsleistung von rund 190.000 m² wurde der Wert des letzten Jahres trotz des herausfordernden wirtschaftlichen Umfelds sogar leicht übertroffen. „Die zu Jahresbeginn 2022 positive Stimmung nach weitgehender Überwindung der Covid-Krise wurde durch den Ausbruch des Ukraine-Kriegs wieder deutlich getrübt. Insgesamt können wir jedoch auf einen sehr zufriedenstellenden Marktverlauf mit erfreulichem Flächenumsatz zurückblicken. Auch das Mietpreisniveau zeigt sich zu Jahresende leicht steigend und die Leerstandsrate wies einen weiteren Rückgang auf nur mehr 4,0 Prozent auf“, erklärt Bürospezialist Stefan Wernhart, Geschäftsführer der EHL Gewerbeimmobilien. „Das ist jedenfalls eine sehr solide Basis für die weitere Entwicklung am Wiener Büromarkt.“

Das aktuell überschaubare Flächenangebot hat trotz der unsicheren gesamtwirtschaftlichen Perspektiven zu einem bemerkenswerten Wandel der Marktverhältnisse geführt: Der bisherige Mietermarkt weist wegen eines Nachfrageüberhangs in sehr guten Lagen eine Tendenz hin zum Vermietermarkt auf. „Dies äußert sich bei stark nachgefragten Objekten in einem leichten Rückgang der Incentives für Mietinteressenten bei Neuanmietungen“, konstatiert Wernhart. Der Mangel an qualitativ hochwertigen Neuflächen erfordere auch eine besonders frühzeitige Planung von angedachten Übersiedlungen: „Kunden mit einem Flächenbedarf von mehr als 2.000 m² sind gut beraten, frühzeitig den Markt zu evaluieren, um sich geeignete Objekte zu sichern. Demzufolge setzen sich unsere Kunden schon heute mit Projekten auseinander, deren Fertigstellung erst für 2024/2025 geplant ist.“

Bei den Mieten ist ein leicht steigender Trend zu verzeichnen, der unter anderem dem hohen Qualitätsbewusstsein der flächensuchenden Unternehmen geschuldet ist. Die Durchschnittsmieten stiegen 2022 von EUR 14,90 auf EUR 15,10/m2/Monat, die Spitzenmieten stiegen auf EUR 27,00 /m2/Monat. Für 2023 ist mit einem weiteren moderaten Mietpreisanstieg zu rechnen, der sich aber auf moderne und energieeffiziente Objekte in perfekt erschlossenen Lagen beschränken wird.

Aufgrund der Vielzahl an neuen Herausforderungen ist weiterhin mit viel Dynamik zu rechnen. „Die Umsetzung von hybriden Arbeitsformen, Standortverkleinerungen, -vergrößerungen bzw. -konzentrationen, neue Nutzungsanforderungen, geänderte Lagepräferenzen etc. sorgen für eine große Umzugsbereitschaft“, so Wernhart. „Davon profitieren in aller Regel nachhaltige und qualitativ hochwertige Bürogebäude in perfekt angebundenen Lagen.“ Die Nachfrage ist branchenmäßig breit gestreut, auffällig ist allenfalls der Rückgang des Anteils des öffentlichen Sektors an den gesamten Neuvermietungen.

Besonders stark ist das Interesse an den drei aktuellen Topstandorten Innenstadt/Umgebung, Hauptbahnhof und dem Areal rund um den Praterstern. „In den Vermietungszahlen schlägt sich das nur bedingt nieder, weil das Flächenangebot in diesen Lagen momentan stark ausgedünnt ist“, betont Wernhart.

Einzelhandelsimmobilien

Fokus auf Nahversorgung und Bestlagen, Verkaufsfläche pro Einwohner sinkt weiter

  • Energiepreisanstieg sorgt für massive Anstrengungen bei Nachhaltigkeit
  • Diskont und Luxus sind aktuell die expansivsten Teilmärkte
  • Immer längere Wartelisten für Mietinteressenten in sehr gut frequentierten FMZ

Der Markt für Einzelhandelsflächen wurde 2022 stark durch die veränderte Ausgangslage im Handel geprägt. Der vor allem für innerstädtische Lagen wichtigen Rückkehr des Tourismus als positive Entwicklung standen mit dem rasanten Anstieg der Inflation und dem damit verbundenen Kaufkraftverlust sowie Lieferkettenproblemen weitaus bedeutendere negative Entwicklungen gegenüber. Dementsprechend gestaltete sich der Markt schwierig und wichtige Kennzahlen, wie Leerstandsraten oder Miethöhen, entwickelten sich im Durchschnitt tendenziell negativ.

Doch trotz der herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist der Einzelhandelsmarkt insgesamt intakt und stabil. Die Leerstandsraten blieben in zukunftsfähigen Lagen im moderaten Bereich, auch die Mietausfälle durch Insolvenzen erreichten kein besorgniserregendes Ausmaß. Gleichzeitig gibt es weiterhin expansive und sehr erfolgreiche Marktsegmente. „Am besten schnitten ein wenig überraschend Luxus und Diskont ab“, so Mario Schwaiger, Leiter Einzelhandelsimmobilien der EHL Gewebeimmobilien. „Im Luxussegment nutzen starke Anbieter jede Gelegenheit, sich freiwerdende Flächen in Bestlagen zu sichern. Der Diskontbereich profitiert hingegen vom stark gestiegenen Preisbewusstsein der Konsumenten und benötigt zusätzliche Flächen in Lagen mit guter Nahversorgungsfunktionalität und hoher Bevölkerungszahl im Einzugsgebiet.“ Dementsprechend sind einige Ketten sehr expansiv, u.a. die Branchengrößen NKD, Action, KiK, Takko, TEDi oder PEPCO, aber auch Österreich-Neueinsteiger wie z.B. Thomas Philipps aus Deutschland oder GiFi aus Frankreich.

Auffällig ist die deutlich kürzere Laufzeit neuer Mietverträge, mehr als fünf Jahre sind mittlerweile die Ausnahme. „Damit wird der Unsicherheit über die langfristigen Perspektiven in wichtigen Handelsbranchen ebenso Rechnung getragen wie der Betriebskostenthematik, die wegen der hohen Energiepreise enorm an Brisanz gewonnen hat“, erklärt Schwaiger. Auch andere, risikobegrenzende Maßnahmen wie umsatzabhängige Mietbestandteile oder Vereinbarung von Gesamtmieten inkl. Betriebskosten gewinnen an Bedeutung.

Das Thema des Jahres 2023 werden aber zweifellos Nachhaltigkeitsfragen sein. Die Energiepreise zwingen zu konsequenter Umsetzung von Sparmaßnahmen und es werden auch teilweise sehr beachtliche Reduktionen des Energieverbrauchs erzielt.

Bei der Flächennachfrage geht der Trend weiterhin in Richtung sehr guter und bester Lagen. In der Mariahilfer Straße oder im Goldenen U (Kärntner Straße, Graben, Kohlmarkt) sind kaum Flächen verfügbar. Ebenso sind angrenzende Einkaufsstraßen wie Neubaugasse oder Wollzeile sehr gefragt. In den Landeshauptstädten profitieren etwa die Herrengasse in Graz und die Maria-Theresien-Straße in Innsbruck von diesem Trend. Hingegen bringen zahlreiche Redimensionierungen von Filialnetzen die B-Lagen noch stärker als bisher unter Druck.

Vom Aufschwung der Diskonter profitieren in besonderem Maß auch Fachmarktzentren mit Nahversorgungscharakter. Ein beachtlich großer Anteil der FMZ ist vollvermietet, bei immer mehr gibt es Wartelisten. Regional verschärft wird der Flächenmangel durch restriktive Raumordnungsmaßnahmen, insbesondere gilt das für Vorarlberg. Für Diskonter ebenfalls interessant sind Erdgeschoßflächen in Wohnbauten, wenn diese ein ausreichend großes Einzugsgebiet aufweisen.